Wege

Gerne lesen – gut lesen 

Wer gut lesen kann, kann auch leichter lernen. Jugendliche brauchen Unterstützung im Lesen und Verstehen, im Analysieren und Hinterfragen von sach- und fachspezifischen Texten. Sie müssen die Besonderheiten von z.B. historischen, physikalischen, technischen Texten in einem sprachsensiblen Fachunterricht durch die Fachlehrerinnen und -lehrer kennenlernen. Der Deutschunterricht alleine kann das nicht leisten.

Angelpunkt einer gelingenden Leseförderung und zweiten Leseinitiation nach dem 2. Leseknick zwischen 12 und 14 Jahren kann ein breites Angebot von multimedialen und multimodalen Texten sein. Wesentlich ist, die unterschiedlichen Interessen, Themen, Vorlieben für Genres und (soziale) Medien in die schulischen oder außerschulischen Leseszenarien einzubeziehen. 

Geschlechterstereotype Zuschreibungen von lesenden jungen Frauen, die fiktionales Lesen bevorzugen, und jungen Männern, die eher zu Sachbüchern greifen, behindern die Entwicklung von Interessen, die nicht diesen Klischees entsprechen.

Die selbstbestimmte Auswahl von Lektüren, von Lesemedien, von Genres und Themen fördert die Freude am Lesen – im schulischen wie außerschulischen Bereich. 

Leseförderung 

Wesentlich ist, dass alle, die mit Jugendlichen in und außerhalb der Schule arbeiten, verstehen, dass die ständige Weiterentwicklung von Lesemotivation und Lesekompetenz ein Prozess ist, der angeleitet werden muss. Jugendliche brauchen Erwachsene, die sie in der Persönlichkeitsentwicklung und der Entwicklung ihrer ganz individuellen Identität begleiten. Sie brauchen vor allem Lehrerinnen und Lehrer aller Fächer, die bewusst an und mit Texten arbeiten, um fachspezifisches Lesen und Schreiben zu trainieren - also Textsortenkenntnisse und Lesestrategien vermitteln. 

Jugendliche brauchen daher gezielte Leseförderung, die Maßnahmen sowohl auf der Ebene der Motivation (Leseanimation) als auch auf der Ebene des Kompetenzerwerbs (Lesetraining) setzt. 

In der Realität des heterogenen Klassenzimmers müssen Lehrkräfte mit den vielfältigen Lebenswelten, sozioökonomischen Bedingungen, geschlechtstypischen Präferenzen und mit den unterschiedlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler umgehen (Fenkart 2013). In der außerschulischen Leseförderung ist vor allem der individualisierende Zugang, der auf die jeweilige besondere Lese- und Lebenssituation eingehen kann, von großer Bedeutung. 

Voraussetzungen für eine gelingende Leseförderung 

Authentische Leseszenarien

Lesen und Mediennutzung sind eingebettet in soziale Settings. Das Bild von zurückgezogenen, ganz im Lesestoff versunkenen Lesenden suggeriert einen sehr individuellen, privaten Leseprozess, der losgelöst von der Umwelt stattfindet – und produziert damit auch den scheinbaren Kontrast zu den „Social Media“. Lesen – sei es in Print- oder Online-Medien – lebt aber ganz wesentlich von der Kommunikation darüber und den darauffolgenden Handlungen. Jugendliche - aber auch Erwachsene - möchten über Gelesenes reden, möchten mitreden können und an kulturellen Ereignissen teilhaben können. 

Für Jugendliche spielt dabei die Peer-Group eine wichtige Rolle. Gleichaltrige Freundinnen und Freunde sind neben Familie und Schule eine entscheidende Sozialisationsinstanz im Mediennutzungsverhalten und Lesehabitus. In den intensiven Entwicklungsphasen des Jugendalters schaffen sich junge Menschen ihr Bild von sich selbst, in ständiger Bewegung zwischen eigenem Wollen und den Erwartungshaltungen der anderen. Sie probieren verschiedene Identitäten aus, legen sie an wie ein neues Styling und wechseln sie. Das Selbstbild als Viel- oder Wenigleserinnen und -leser mit ganz bestimmten Lese- und Mediennutzungspräferenzen, Vorlieben oder Abneigungen, Präferenzen für bestimmte Genres muss daher als veränderbar angesehen werden. 

Leseförderung sollte daher auf eine Erweiterung der literalen Praxis abzielen. Es geht darum, den Jugendlichen in einem didaktischen oder außerschulischen Setting Zugang zu anderen Erfahrungen zu geben, indem digitale Texte und Printtexte, Hörbuch und YouTube-Sequenzen, literarisches Buch und Sachtext kombiniert werden. Mit dem erweiterten Angebot verändern sich auch die Anforderungen an die Lese- und Medienkompetenz, neue – vielleicht attraktivere – Themen, Inhalte, Autoren und Autorinnen, Genres wecken neues Interesse (Fenkart 2013). 

Sachorientiertes Lesen, Arbeiten mit Webquests, Recherchieren, Visualisieren von Fakten bzw. Verbalisieren von nicht-kontinuierlichen Texten und epistemisches (Wissen schaffendes) Schreiben sind in der beruflichen Anwendung notwendige Kompetenzen und bekommen in jüngster Zeit mit Blick auf die verpflichtende vorwissenschaftliche Arbeit im Rahmen der Neuen Reifeprüfung mehr Gewicht im Unterricht aller Fächer. Im Grundsatzerlass Leseerziehung wird seit Langem auf den Zusammenhang von Lesen und Medienerfahrung, von Textrezeption und Textproduktion hingewiesen (BMUKK 2013, S. 7). Den Schulbilbliotheken der mittleren und höheren Schulen kommt dabei eine große  Bedeutung zu. 

Die Recherche und kompetente Auswahl von Fachtexten und deren Verwendung als Information für weitere Aufgaben im Fachunterricht ist ein wesentlicher Bestandteil der Text- und Informationskompetenz in der Berufsausbildung. Der Einsatz von authentischen Fachtexten in verschiedenen medialen Formen fördert den Aufbau von Bildungs- und Fachsprache.

Im Bereich der literarischen Bildung kann gerade die Anbindung an Themen, die die Jugendlichen in ihrer eigenen Lebenswelt erfahren, den Zugang zum lebenslangen Lesen ermöglichen. In einem (Unterrichts-)Setting, das unterschiedliche Textsorten und Medien miteinbezieht und dabei die konkrete literale Praxis der Jugendlichen als Ausgangspunkt nimmt, können Jugendliche ihr eigenes Repertoire erweitern. Das Thema kann eine aktuelle Frage oder Diskussion, eine Lektüre, ein Film etc. sein. Entscheidend ist, dass ausgehend von einem Text im weitesten Sinn andere mediale Erscheinungsformen angeboten und durch Arbeitsaufgaben miteinander verbunden werden. So kann ein Film, der im Gespräch ist, Anlass sein, mit dem Trailer, einer Hörprobe, einer Leseprobe, mit Presseberichten, Film- und Buchrezensionen, Jugend- und Filmzeitschriften zu arbeiten. 

Ausgehend von authentischen Situationen aus der privaten oder beruflichen Praxis der Jugendlichen regen semiauthentische Aufgaben zur gezielten Verarbeitung der Informationen an. Damit macht auch die Anstrengung des Lesens Sinn und die gelesenen Informationen werden sich in einem sinnvollen und brauchbaren (Lern-)Produkt wiederfinden. Dazu eigenen sich konkrete Aufgabenstellungen aus der Praxis, Projekte mit Partnern aus der Wirtschaft, ...

Im literarischen Bereich wird durch

Zusammenarbeit mit Industrie und Wirtschaft
 
Durch die Zusammenarbeit mit Partnern aus dem öffentlichen Leben, der Wirtschaft und Industrie entstehen praktische Aufgaben, die zu natürlichen Lernprodukten führen, wie zum Beispiel E-Mails, Briefe, Pressetexte, Zeitungsartikel etc., die veröffentlicht und gelesen werden. Die Teilnahme an Wettbewerben beinhaltet das Lesen und Recherchieren des Informationsmaterials und fördert die Motivation für das Be- und Überarbeiten der eigenen Texte.
 

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